Für
die meisten Piloten ist Hawaii zu weit abseits. Durch mehr als
2500 Meilen Wasserwüste vom Festland getrennt, liegen die nächsten
Flugplätze auf kleinen Korallenatollen über 1200 Meilen süd-
und nordwestlich, so das militärisch kontrollierte
Johnston-Atoll, Midway und Wake Island.
Obwohl
Hasardeure schon mit einmotorigen Flugzeugen den Flug vom Festland
gewagt haben, ist ein Flug über eine so weite Strecke nur mit
einer Zweimot und nach gründlicher Modifikation zu empfehlen.
Anders als die flache Ostküste des amerikanischen Kontinents,
bieten die Vulkaninseln von Hawaii nur beschränkte Gelegenheiten
zum Bau von Flugplätzen, und obwohl sowohl Tourismus als auch
Kommerz von der Fliegerei abhängen, macht sich auch hier eine
gewisse Fliegerfeindlichkeit breit, die unter anderem mit der
Besiedlungsdichte der Inseln und Bodenspekulation zusammenhängt.
So
gibt es nur eine begrenzte Anzahl von zugänglichen Flugplätzen für
den Freizeitflieger, und die Einhaltung von vorgeschriebenen
Anflugverfahren zum Lärmschutz ist vielerorts
zwingend. Hawaii bietet daher nicht die Gelegenheit,
innerhalb kürzester Zeit Tausende von Meilen abzufliegen um das
Logbuch mit Stunden zu füllen, sondern eher die Inseln nach
relativ kurzen Flugetappen in
einem gemütlichen Tempo kennen zulernen.
Belohnt
wird die lange Anreise von Europa mit Eindrücken von auf der Welt
einmaligen und atemberaubenden Szenerien, von den höchsten
Meeresklippen der Erde, bis hin zum Blick auf einen aktiven Vulkan
und der Möglichkeit der Landung auf dem historischen Militärflugplatz
von Pearl Harbor. Außerhalb der Wintermonate sind die Wetterlagen
beständig und garantieren durchgehend VFR Flugbedingungen.
Für
Sportler und Naturliebhaber bietet Hawaii Wanderungen durch
einmalige Nationalparks, Windsurfen, Tauchen, und organisierte
Kajak-Trips entlang der romantischen Nordküste Molokais und
Kauais. Kultur-interessierte Reisende können in Hawaii noch ein
Stück polynesischen Brauchtums erleben und erfahren über die
Kulturen der asiatischen Einwanderer die seit dem letzten
Jahrhundert in Hawaii heimisch sind.
Die
Metropole Honolulu bietet Hotels internationalen Standards,
zahllose Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten und Unterhaltung. Wer
dagegen die Einsamkeit und lange Strandspaziergänge schätzt, der
kann sich im einzigen Hotel der Insel Molokai einmieten, auf der
es keine Verkehrsampel gibt, oder auf Lanai, wo es
zwei Luxushotels der internationalen Spitzenklasse gibt.
Microsoft-Magnat
Bill Gates mietete gleich die ganze Insel für zwei Tage und
charterte alle im Staat verfügbaren Hubschrauber, um bei seiner
Hochzeit ungestört zu sein. Oder in Hana im Osten der Insel Maui,
das viele Stars und Sternchen für sich entdeckt haben,
das aber trotzdem seine ländliche Idylle und Natürlichkeit
bewahrt hat. Hier liegt auf dem Friedhof einer kleinen Kapelle
auch der Flugpionier Charles Lindbergh begraben, der hier in der
Abgeschiedenheit die letzten Jahre seines Lebens verbrachte.
INHALTSVERZEICHNIS
Wetter
und Besonderheiten
Fliegen
auf Hawai'i hat seine Eigenheiten, zunächst einmal bedingt
durch Wetter und Geographie. Die Standardwetterlage im Sommer
besteht aus einem stabilen Hochdruckkeil nördlich der Inselkette,
der zu einer konstanten Luftmassenbewegung und einer
charakteristischen Inversion bei 5000 Fuß führt. Der Passat oder
"trade wind", bläst mit Ausnahme von wenigen Wochen pro
Jahr mir Geschwindigkeiten zwischen 10 und 20 Knoten aus
Nordosten, gelegentlich auch stärker. Auf ihrem Weg über den
warmen Pazifik nimmt diese Luftmasse genügend Feuchtigkeit auf,
um bei genau 2500 Fuß zur ersten Lage vereinzelter Wolken zu führen,
die im Luv der Inseln gelegentlich ihre Fracht abladen.
Daher
sind die Nordostseiten der Inselkette tropisch-grün und weisen üppiges
Wachstum auf, während die Westseiten der Inseln praktisch keinen
Regen mehr abbekommen und daher ein fast arides Klima haben. Die höheren
Inseln Maui mit dem Gipfel des erloschenen Haleakala Kraters auf 3300 m und die
große Insel Hawai'i selbst mit zwei 4000-ern sorgen dabei durch
den erzwungenen orographischen Aufstieg der Luftmassen fast
konstant für lokale Regenfälle.
Hilo,
auf der Südostseite von Hawaii wartet dadurch sehr häufig mit
IFR Bedingungen auf -- weniger interessant für Sonnenanbeter, als
für Trainingszwecke. Hilo ist der Sitz von Benchmark
Aviation, die damit werben, dass sie ihre Schüler in zwei
Wochen zu lizenzierten IFR Piloten machen können, unter echten
IFR Bedingungen.
Die
massiven geologischen Strukturen haben einen anderen
Seiteneffekt: die Windrichtung wird häufig durch die Berge
abgelenkt, die Windgeschwindigkeit erhöht sich durch den
Venturi-Effekt zwischen benachbarten Inseln oder Bergketten, und
auf der Leeseite hat man fast immer mit erheblicher Turbulenz zu
rechnen. "Airmet Tango" ist praktisch immer gültig und
gehört zur familiären Ansage bei ATIS oder Wetterberatung durch
die Flugsicherung.
Im
Alenuihana Channel
zwischen Maui und Hawaii sind Windgeschwindigkeiten von 40 Knoten
an der Tagesordnung; um die Gipfel der Inseln auch mal mehr.
Unangenehm können bei hohen Windgeschwindigkeiten die Anflüge
auf den Flughafen von Kahului auf Maui werden, der auf Meereshöhe
genau im Tal zwischen West-Maui (6000 Fuß) und Haleakala (10.000
Fuß) gebaut wurde und wegen der Tendenz zu Windsprüngen bei
Piloten berüchtigt ist.
In
der Abflugschneise von Startbahn 04 liegt eines der berühmtesten
Windsurfer-Gebiete der Welt, nur um die Informationen zur Windstärke
mit Trivialem zu ergänzen. In den Informationen zum
Kleinflugplatz Kalaupapa an der Nordküste Molokai's steht außerdem,
man solle sich im Winter vor den Brechern am Abflugende der
Startbahn vorsehen, die gelegentlich einen bis 20 m hohen Sprühregen
verursachen und wohl auch der Grund für die Korallenstücke sind,
die man gelegentlich auf der Runway findet.
Die
Passat-Wetterlage wird nur selten und überwiegend zwischen
Dezember und März von Kaltfronten aus dem nördlichen Pazifik
abgelöst. Sie sind hier nicht so ausgeprägt wie im kontinentalen
Klima, und oft nur an einer kurzfristigen Windrichtungsänderung
und leichtem Regenfall erkennbar. Bagatellisieren kann man
tropische Wetterstörungen aber nicht; im Sommer zwischen Juni und
Oktober ist offizielle Zyklon-Saison. Hunderte von
Tiefdruckgebieten mit assoziierten Wirbelstürmen entstehen in
jeder Saison im Pazifik, die wenigsten kommen in die Nähe von
Hawaii, womit "Nähe" einige hundert Kilometer
umschreibt. Statistisch wird Hawaii alle zehn Jahre einmal von
einem Zyklon getroffen. Viel bekannter sind die enormen Wellen,
die sich als Folge nördlicher Winterstürme auf die Nordküste
der Inseln brechen.
INHALTSVERZEICHNIS
Luftraumordnung
Flugschulen
und Charterunternehmen befinden sich ausnahmslos an den
internationalen Flughäfen von Honolulu, Kahului/Maui, und Kona/Hawaii,
wo es neben Benzin auch Elektronik- und Wartungsunternehmen
gibt. Wegen der Luftraumstruktur (Honolulu Class B, Kahului Class
C, Kona Class D) müssen Piloten und Flugschüler mit englischer
Kommunikation, der Handhabung der Luftverkehrskontrolle und allen
Anweisungen familiär sein. Obwohl die Luftaufsicht mit ausländischen
Akzenten vertraut und wegen des intensiven Schulungsbetriebs
auch sehr tolerant ist, kann ein Anflug auf Honolulu für
Neulinge im kontrollierten Luftraum ein kleines Abenteuer
sein.
Ausgerechnet
über Pearl Harbor meldete sich ein japanischer Flugschüler
mit schwerem Akzent beim Tower mit "Ford Island -- I am going
down!". Eine verstörte Rückfrage klärte auf, dass es sich hier
weder um ein militärisches Manöver, noch um eine Notlage
handelte, sondern um eine ungewöhnlich formulierte Bitte um
Landeerlaubnis. Honolulu ist unter den 22 meist frequentierten
Flughäfen der USA mit vier Start- und Landebahnen, die parallel
in Betrieb sind. Während der Stoßzeiten, wenn sich gleich
Dutzende von Großflugzeugen aus dem fernen Osten, Australien, und
der amerikanischen Westküste gleichzeitig auf dem Anflug,
beziehungsweise im Holding Pattern befinden, kann die geschlossene
Kabine einer Piper schnell zur Sauna werden, während man geduldig
an der Schwelle von Runway 4R auf die Startgenehmigung
wartet.
Zur
Unterhaltung sieht man dabei gelegentlich eine Formation von F16 Jägern
abheben. Air Force Piloten sind Mitbenutzer des zivilen Flughafens
und die einzigen Verkehrsteilnehmer, die sich mit einem Immelmann-Manöver
aus dem Luftraum verabschieden dürfen. Trotz Einhaltung der
vorgeschriebenen Wartezeiten zwischen Landungen und Starts großer
Verkehrsflugzeuge muss man natürlich mit Turbulenz von
Wirbelschleppen rechnen.
Auch
Maui wird direkt von Japan und dem amerikanischen Festland
angeflogen, verglichen mit Honolulu ist der Flugbetrieb hier
jedoch weit gemütlicher. Der Anflug im Class "C"
Luftraum bietet auch Radarunterstützung, und den Anweisungen des
Controllers muss Folge geleistet werden. Demgegenüber sind alle
anderen Flughäfen in Hawaii entweder Class "D",
"E", oder völlig unkontrolliert. Kommunikation mit dem
Tower, sofern er existiert, hat informativen Charakter, und der
Pilot ist selbst dafür verantwortlich, dass er andere
Verkehrsteilnehmer sieht und ihnen ausweicht. Nichtsdestoweniger fliegen die kleineren Zubringerfluglinien
diese Plätze an, von denen einige auch für "non-precision"
IFR Anflüge zugelassen sind.
An
bewölkten Tagen kann daher durchaus mit einer Verkehrsmaschine
gerechnet werden, die plötzlich aus den Wolken in die Platzrunde
fällt. Das Mithören der allgemeinen Flugverkehrsfrequenz (CTAF)
wenigstens 10 Meilen entfernt vom Flugplatz, und das
"blinde" Abstrahlen von Position und Intention erspart
unangenehme Überraschungen und ist gesetzliche Pflicht. Davon
abgesehen, sind bestimmte Routen in Hawaii sehr stark frequentiert
von Hubschraubern und Sightseeing Flügen, oder liegen im Anflug
größerer Flugplätze. Für VFR Flüge unterhalb von 3000 Fuß
ist daher eine bestimmte Höhenstaffelung vorgesehen, die natürlich
keine Garantie dafür ist, dass man auf der gleichen Höhe von
links oder rechts keine Gesellschaft bekommt. Der Luftraum
zwischen Honolulu und der westlichen Nachbarinsel Molokai ist zu
jeder Tageszeit stark metallhaltig, ebenso die Na' Pali Küste im
Norden Kauai's. Also: Augen auf!
INHALTSVERZEICHNIS
Wasser-Überflüge
Und schließlich zur letzten Besonderheit Hawaii's: Wasser. Die
Hauptinseln des Archipels sind
zwischen 15 und etwa 60 Meilen voneinander getrennt. Wer
auf einer durchschnittlichen VFR-Höhe fliegt, begibt sich bei Flügen
zwischen den Inseln sehr schnell in einen Bereich, von dem aus
eine Notlandung auf festem Boden nicht mehr möglich ist. Das Mitführen
und Tragen von Schwimmwesten sollte daher nur eine Frage der
Vernunft sein.
Darüber
hinaus bieten einige Charterunternehmen auch Rettungsinseln zur
Vermietung an. Leider sieht man gelegentlich, dass diese
Sicherheitseinrichtung zugunsten von mehr persönlichem Gepäck
aufgegeben wird. Es empfiehlt sich außerdem, einen persönlichen
Notrufsender (EPIRB),
Leuchtraketen, und einen elektrischen Blitzsignalgeber mitzuführen,
aber das ist eine Angelegenheit des persönlichen Sicherheitsbedürfnisses.
Die
beste Versicherung ist jedoch, vor jedem Inselflug einen
Flugplan aufzugeben. In Hawaii bietet man zusätzlich einen "island
reporting service" an, bei dem man sich über bestimmten
Punkten entlang der Route bei der Flugsicherung meldet. Bleibt der
Report aus, und können andere Flugzeuge oder Bodenstationen
keinen Funkkontakt mit dem betreffenden Flugzeug aufnehmen, wird
binnen 15 Minuten die Küstenwache mit Search
and Rescue Hubschraubern alarmiert.
Diese
Maßnahme kann zumindest die Suche auf einen begrenztes Areal
konzentrieren. Sind in der "Bemerkungen"-Spalte des
Flugplans weder Blitzlicht, noch Leuchtraketen vermerkt, sucht die
Küstenwache nur während des Tages. Zusätzlich kann man natürlich
auch mit "Honolulu
Center" in Radar- und Funkkontakt bleiben. Dies ist
jedoch eine Funktion der Flughöhe und der Radar-Abdeckung. Östlich
von Maui wird selbst bei großen Flughöhen der Radarkontakt mit
Honolulu meist verloren. Außerdem besteht bei Center keinerlei
Verpflichtung, Search and
Rescue zu alarmieren wenn das Radarziel plötzlich vom Schirm
verschwindet.
INHALTSVERZEICHNIS
Navigation
Hawaii
verfügt über viele elektronische Navigationshilfen, nicht
zuletzt wegen zahlreicher militärischer Installationen und zwei
internationalen Flughäfen. Allein die Insel Oahu verfügt über
zwei VOR's und zwei NDB's. Mit Ausnahme von einigen Routen nördlich
der Inseln hat man fast uneingeschränkten Empfang von UHF
Signalen, sollte man tatsächlich einmal die Orientierung
verlieren. Der Empfang einer Peilstelle ist außerdem beruhigend,
wenn man nach einer halben Stunde Flugzeit von Honolulu weder die
Insel Oahu, noch das Ziel Kauai sieht, sondern nur Wasser, so weit
das Auge reicht. Die Inseln verstecken sich gerne unter einem
Schleier von Wolken und geben ihre Position oft erst 10 oder 15
Meilen vor dem Ziel Preis.
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